Gedichte
Hans-Ulrich Treichel erhielt den Leonce- und Lena-Preis des Darmstädter Literarischen März 1985. »Bei seiner Lesung ist sie gleich da, die inspirierte Präzison, diese verletzte, doch angriffige, hochgescheite Sensibilität, die ganz wenig Worte macht, wenn es mit ganz wenigen Worten zu machen ist. Gedrängt Abgekürztes, die düsteren Endzeitgefühle sind knapp, fast satirisch gefaßt: ›Noch hören wir uns husten‹ steht da als Lebenstrost, als momentane Lebensgarantie. Und dann hämmert mit ›Viel Glück‹ das bissige, kantig rhythmisierte Pathos, mit dem der Autor soviel körperlichen Raum schafft, daß das Publikum unwillig zu klatschen beginnt. Die Reime antworten sich unerwartet und scheinbar ungeordnet oft mitten in den Zeilen, sind jedoch satzmusikalisch mit bestem Gespür gesetzt. Auffällig: Dieser Lyriker hat Distanz, schaut auch von sich weg, gelegentlich von sich ab – hinaus in die weitere Gesellschaft und wie sie’s so treibt mit fanatisierter Freizeit-Körperkultur als Fluchtlauf weg von den ›sauren Gefilden‹, den ›schwarzen Gedanken‹ samt Gebrüll von ›Krieg und Untergang‹. Letzteres ein Hauptthema. Das andere: die Liebe, ihre Fast-Unmöglichkeit und trotzdem immer wieder ein Aufruf dazu: ›Wir fürchten uns ein Leben lang / Wir lieben uns nur einen Tag.‹« (Beatrice von Matt, Neue Züricher Zeitung)
Immer reagieren Gedichte auf Not-Situationen, auf die Not, die war, die ist, die kommen wird. Es ist die Not, der man zu entkommen sucht – und der doch ein Großes zu verdanken ist: sie treibt immer aufs neue ins Gedicht.