Gedichte
»Nicht für jedes Ding gibt es ein Wort«, vermeldet das Große Wörterbuch der slowenischen Sprache. Aleš Šteger, als Reisender in vielen Sprachen und Ländern zu Hause, Autor mehrerer Gedichtbände und einer Reiseprosa über Peru und César Vallejo, stellt diese Einsicht seinem neuen Lyrikband als Motto voran. Doch es fehlt nicht nur an Worten. Wie seine streng gebauten, leichtfüßigen Texte, 50 Gedichte, zeigen, haben wir schon das Selbstverständliche nie richtig kennengelernt: Büroklammer, Seife, Zahnstocher (»dieser kleine Robespierre im Maul des Polyphem «), Regenschirm, Hut und Fußmatte. In Štegers Gedichten werden sie aufgerufen und treten uns, dem Allgemeinbegriff entschlüpft, entgegen; sie stellen Fragen, die zu groß sind für so kleine Dinge. Unklare, sich verwandelnde Seinsformen wie Ei, Wurst und Schokolade machen stutzig. Das Brot offenbart seinen sadomasochistischen Charakter: »Ja, ja, es liebt dich, deshalb nimmt es jetzt dein Messer in sich auf. / Es weiß, daß sich all seine Wunden in deiner Hand verkrümeln. « – Nicht zur Benennung der Dinge fehlen uns die Worte, sondern für die Antworten, die wir ihnen schuldig sind.