Und andere Texte der Romantik
Einer Zeit, die sich vieles »zu Herzen nahm« und darum ständig vom »Herzen« sprach, war wohl bewußt, was das heißt: »ein Herz aus Stein in der Brust tragen«. Uns ist der Ausdruck immer noch verständlich. Aber kann man leugnen, daß er den Geruch des Antiquierten, des Frömmlerischen, zumindest des Gezierten angenommen hat?
Allmählich muß das Selbstverständliche unselbstverständlich geworden sein. Wie geschah das? Offenbar im Verlauf einer Geschichte, von der die zünftigen Historiker wenig wissen, desto mehr aber die Dichter als die Historiographen der Schicksale der ›Seele‹. Der Zeitpunkt ist fast genau datierbar: Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert beginnen verschiedene Schriftsteller, die man dem Epochenbegriff der ›Romantik‹ zuordnet, auf jeweils ganz verschiedene Weise damit, uns eine Geschichte zu erzählen, die gleichwohl immer das eine Thema hat: den Tod des alten christlich-abendländischen Herzens; seine Erstarrung; seine Entwertung; seine Ersetzung durch das unorganische Ding oder die Maschine. Eine große Rolle spielt das Geld. Es ist nicht nur der allgegenwärtige Mittler der Herz-Stein-Tauschoperation, von denen berichtet wird. Sein gleichsam autonomes Wachstum scheint die Produktivität des lebendigen Herzens in dem Maße zu beerben, wie das Herz selbst die kontrakte Metallnatur der Münze annimmt. Ähnlich ergeht es dem menschlichen Auge, welches seit alters als das Einfallstor der Seele gilt: durch das mechanische Artefakt eines »Perspektivs« ersetzt, wird es blind für das Beseelte und entdeckt seine Faszination für das Seelenlose, für Automat, Maschine und den Glanz des Geldkristalls.
In seinem beschließenden Essay rekonstruiert Manfred Frank den sozialgeschichtlichen und ästhetischen Kontext dieser Wandlung und ihre Auswirkung auf Geschichte und Literatur der Gegenwart. Es zeigt sich, daß die Metapher von der Herzensversteinerung ebensooft wie in den Erzählungen der Dichter auch in den Texten der zeitgenössischen Ökonomen – als Symbol der Effekte