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View Rights PortalDie vorliegende Untersuchung gilt Simmels Frühzeit. Sie hat drei Teile: »Studien«, »Kritik ethischer Grundbegriffe«, »Probleme der Erkenntnis des Sozialen«. Die »Studien« erfassen den Zeitraum bis zur 1885 erfolgten Habilitation; sie zeigen vielseitige Interessen und Pläne und lassen erste bleibende wissenschaftliche Orientierungen erkennen. Die zweite Hälfte der 1880er Jahre gehörte der Hauptsache nach dem Projekt einer »Kritik der ethischen Grundbegriffe«, die dann in der sogenannten »Moralwissenschaft« als eine Durchgangsstufe der Soziologie sichtbar wurde. Die Einleitung in die Moralwissenschaft, die Simmel später als eine »Jugendsünde« bezeichnete, steht deshalb im Zentrum des Interesses am jungen Simmel. Der dritte Teil schließlich skizziert die »Probleme der Erkenntnis des Sozialen«, wie sie sich Simmel seit Anfang der 1890er Jahre dargestellt haben: in der Übergangsphase zu einer eigenen Konzeption von Soziologie und Philosophie, in der er seine Versuche einer Erkenntnis des Sozialen bis zu dem Punkte führte, wo diese zu einem ersten und ganz neuen Bewußtsein auch seiner eigenen Stellung und seines eigenen Denkens führte. Denn schrittweise veränderte sich sein Begriff von Philosophie in Richtung sich verstärkender Selbstreflexion und beendete genau die Entwicklung und damit denjenigen Zustand, den Simmel retrospektiv als den der »Dummheit« bezeichnete.
Der 125. Geburtstag Borchardts am 9. Juni 2002 wird noch einmal Gelegenheit geben, die beharrlich im Halbdunkel gebliebene Gestalt dieses großen Dichters, Essayisten und übersetzers endlich zu entdecken. Rudolf Borchardt, geboren am 9. 6. 1877 in Königsberg, gestorben am 10. 1. 1945 in Trins/Brenner, schrieb den ersten Hauptteil der geplanten Selbstbiographie, seine Kindheitserinnerungen, in den Jahren 1927 und 1928. Eine Fortsetzung fand nicht statt. 1966 wurde Rudolf Borchardts Leben von ihm selbst erzählt zum ersten Mal im Zusammenhang veröffentlicht. Gegenstand ist die eigene Kindheit, bis hin zu den ersten Schuljahren in Berlin.Der Begriff des Biographischen nimmt in Borchardts Gedankenwelt einen zentralen Platz ein, »denn in ihm faßt sich«, bemerkt Ernst Zinn, »das Ringen um die Wiedergewinnung und Erweckung des Vergangenen, um die Formung und Bildung des eigenen Geistes und um die Vergegenwärtigung der Geschichte in Forschung und Dichtung zusammen«.Im Bewußtsein dessen, daß »das Individuum in seiner Bildung noch einmal durch alle Stufen läuft, die die Natur hat durchlaufen müssen, um zur Gattung dieses Individuums zu gelangen«, schreibt Borchardt an Hugo von Hofmannsthal, »begriff ich, daß die Gegenstände meines Studiums und meiner Qualen – Wissenschaft und Leidenschaft – Geschichte des deutschen Volkes und Geschichte des menschlichen Geistes im Sinne meiner eigenen höheren Biographie waren, und daher alle im Flusse, alle lebendig, alle noch unentschieden, noch mitten in ihrem Drama. Erforschung war Handeln, Leben, Schaffen. Schaffen war Beschwören, Hervorzaubern, Beleben, Wiederherstellen. Denken war Erinnern. Erinnern war Vorverkündigen.«
Als Georg Simmel 1900 einen Ruf als außerordentlicher Professor für Philosophie an die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität – die heutige Humboldt-Universität – erhielt, geschah dies gegen den erbitterten Widerstand des akademischen Establishments und antisemitisch gesinnter Kreise in der Politik. Dabei war die Berliner Universität Simmels Alma mater: hier hatte er studiert, promoviert und sich habilitiert; hier sollte er viele Jahre ohne Gehalt lehren und forschen, bis zu seiner Übersiedlung nach Straßburg, wo er wenige Jahre vor seinem Tod endlich Ordinarius für Philosophie wurde. Dennoch waren Simmels Berliner Jahre seine fruchtbarsten, in denen er nicht nur seine großen soziologischen Werke schuf, sondern durch seine aufsehenerregenden Vorlesungen zum Star der Universität avancierte. Kaum einer konnte so mitreißend über Logik, Ethik und Ästhetik lesen wie er, seine Kollegs gerieten mitunter zum gesellschaftlichen Ereignis und fanden großen Zulauf weit über akademische Kreise hinaus. Sie bildeten, wie sich Kurt Gassen 1958 erinnerte, »für jeden, der überhaupt von seiner Denk- und Darstellungsweise angesprochen wurde, immer die Gipfelzone des Semesters […]. In Simmels Kollegs lernte man nicht nur Gedankliches, man lernte denken, man erfuhr nicht nur von Geistigem, man erlebte unmittelbar Geist, erlebte das Wirken eines Geistes«. Der Band versammelt 26 Mit- und Nachschriften von Simmels Vorlesungen, verfaßt unter anderem von Ernst Robert Curtius, Georg Heym, Edith Kalischer, Harry Graf Kessler, Adolf Löwe, Georg Lukács, Rudolf Pannwitz, Robert E. Park, Arthur Ruppin, Gottfried Salomon, Herman Schmalenbach, Kurt Singer und Margarete Susman. Sie geben zusammen mit zwei Kollegheften einen Einblick in Simmels Lehre, wie sie von einigen seiner Studenten rezipiert wurde, die später allesamt selbst Berühmtheit erlangen sollten.
»Das Unmögliche behandeln, als wenn es möglich wäre!« Dieser immerwährende Kalender versammelt anregende und unterhaltsame Gedanken und Gedichte von Johann Wolfgang Goethe für jeden Tag – sorgfältig abgestimmt auf Jahreszeiten und Feiertage. Illustriert mit Zeichnungen des Dichters, versehen mit wichtigen Daten aus Goethes Leben und Werk und mit Platz für eigene Notizen bietet dieser Kalender alles, was man braucht. Der perfekte Begleiter durchs ganze Jahr! - Mit zahlreichen Illustrationen
Goethe hatte ihm ein Stipendium verschafft. Damit konnte der Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829) einen Aufenthalt in Rom finanzieren, wo er seine künstlerische Ausbildung vervollkommnen wollte. Als Goethe zu seiner ersten Italienreise aufbrach und am 29. Oktober 1786 in Rom ankam, nahm er sofort zu Tischbein Kontakt auf, und bereits am nächsten Tag zog er in Tischbeins Wohnung ein. In den folgenden Wochen und Monaten durchwanderten die Freunde gemeinsam das neue und das alte Rom, und Tischbein unterrichtete Goethe im Zeichnen.Der vorliegende Band dokumentiert diese Künstlerfreundschaft anhand der Gemälde und Zeichnungen Tischbeins, die während ihres gemeinsamen Romaufenthalts entstanden, und durch ausgewählte Passagen aus Briefen und der Italienischen Reise. Ein Essay von Petra Maisak, der diese außergewöhnliche Künstlerfreundschaft kenntnisreich und anschaulich beschreibt, leitet den Band ein.
Im Mittelpunkt des Ganzen steht ein übersichtlich gestalteter, reich bebilderter und lebendig kommentierter ›Führer‹, der zu einem Rundgang durch die Räume des Goethe-Hauses einlädt: von der Küche im Erdgeschoß bis hinauf in die Mansarde zum Dichterzimmer, in dem der junge Goethe am Stehpult seinen ›Götz‹ und ›Werther‹ schrieb.
Simmel schreibt 1916 in seinem Aufsatz Wandel der Kulturformen: „Zwischen dem immer weiter flutenden, mit immer weiter greifender Energie sich ausdehnenden Leben und den Formen seiner historischen Äußerung, die in starrer Gleichheit beharren, besteht unvermeidlich ein Konflikt, der die ganze Kulturgeschichte erfüllt, obgleich er natürlich streckenweise latent bleibt. In der Gegenwart aber scheint er mir für eine große Anzahl von Kulturformen in vollem Gange zu sein.“ Dieser Grundgedanke wird in Simmels Aufsätzen und Abhandlungen zwischen 1909 und 1918 in seinen unterschiedlichen Facetten entfaltet. Sie versammeln kunstphilosophische, metaphysische und erkenntnistheoretische Studien, „glänzende Ideenporträts“ (Der Spiegel) über Künstler wie Rembrandt und Goethe sowie Arbeiten über den Weltkrieg und seine Bedeutung für die europäische Kultur, in denen Lebensphilosophie und Zeitdiagnose einander durchdringen.
Man hat an Simmel, dessen Aufsätze man auch in den Feuilletonspalten großer Tageszeitungen las, zuweilen gerügt, man finde bei ihm mehr die Gedanken als den durchgehenden Grundgedanken einer originären Philosophie. Wie wir jedoch sahen, wachsen die verschiedenen Stücke seiner Lebensphilosophie aus einem einheitlichen Prinzip. Daneben läßt sich noch ein anderes, auf elementarer Ebene seines Denkens liegendes Prinzip aufweisen, von dem her er die Dinge anging und das er freilich selbst nie in völliger Allgemeinheit gefaßt hat. Man könnte dieses Prinzip abkürzend als »Dialektik ohne Versöhnung« bezeichnen. Simmel denkt - und dieses Eigenste bleibt sich durch seine Wandlungen hindurch konstant - nicht von einer metaphysischen Einheit her, die sich erst sekundär in das Einzelne ausfaltet und es nach wie vor auf seinem Grunde trägt und zusammenhält, sondern er macht Ernst mit dem »pluralistischen Universum«. Am Anfang steht das Einzelne, und höhere Ganzheiten kommen - Leibnizisch - erst zustande durch die Beziehungen des Einzelnen aufeinander. Die Kategorien schon des frühen Simmel der »Relativität« im Erkenntnisbereich, der »Wechselwirkung« im sozialen haben hier ihren Ursprung. (Aus der Einleitung von Michael Landmann) Von den Schriften Georg Simmels liegen im Suhrkamp Verlag bereits vor: Schriften zur Soziologie. Eine Auswahl. Herausgegeben und eingeleitet von Heinz-Jürgen Dahme und Otthein Rammstedt (stw 434); Schriften zur Philosophie und Soziologie der Geschlechter. Herausgegeben und eingeleitet von Heinz-Jürgen Dahme und Klaus Christian Köhnke (es 1333). Über Simmel: Georg Simmel und die Moderne. Neue Interpretationen und Materialien. Herausgegeben von Heinz-Jürgen Dahme und Otthein Rammstedt (stw 469). In Vorbereitung: eine etwa zwanzigbändige Ausgabe Gesammelte Schriften, deren erste Bände im Herbst 1988 erscheinen werden.
Georg Simmel wurde am 1. März 1858 in Berlin als jüngstes von sieben Kindern des Fabrikanten Edward Simmel und dessen Frau Flora (geb. Bodenstein) geboren und starb am 26. September 1918 in Straßburg. Die Familie ist jüdischer Herkunft, beide Elternteile traten jedoch schon früh zum christlichen Glauben über. Georg Simmel wurde evangelisch getauft. Von 1876 bis 1881 studierte er an der Berliner Universität Geschichte, Völkerpsychologie und Philosophie. Seine erste Promotionsschrift Psychologisch-ethnologische Studien über die Anfänge der Musik wurde von dem Philosophiehistoriker Zeller und dem Physiker Helmholtz wegen formaler Fehler und »zu gewagter« Thesen abgelehnt. Als Dissertation wird jedoch die prämierte Abhandlung Darstellung und Beurteilungen von Kants verschiedenen Ansichten über das Wesen der Materie akzeptiert. Nach Überwindung weiterer Hindernisse wurde er 1885 mit der Schrift Kantische Studien im Fach Philosophie habilitiert und an der Berliner Universität zum Privatdozenten ernannt. Mit der öffentlichen Antrittsvorlesung »Über das Verhältnis des ethischen Ideals zu dem logischen und dem ästhetischen« begann er seine sehr erfolgreichen Veranstaltungen, die auch gesellschaftlich große Resonanz fanden. Trotz seines akademischen Erfolgs wurde Simmel mit antisemitischen Ressentiments konfrontiert. So wurde 1898 sein erster Antrag auf Erteilung eines Extraordinariats vom Kultusministerium abgelehnt. 1908 scheiterte seine Berufung auf die zweite Professur für Philosophie in Heidelberg trotz der Empfehlungen von Max Weber und Eberhard Gothein am antisemitischen Gutachten des im Alldeutschen Verband engagierten Berliner Historikers Dietrich Schäfer (1845-1929). Heute gilt Simmel als einer der wichtigsten und faszinierendsten Vertreter der Soziologie des 20. Jahrhunderts, der entscheidend zur Formierung dieser Disziplin als eigenständiger Wissenschaft beigetragen hat.
Ab 1887 werden von Simmel erstmals Arbeiten vorgelegt, die im Kern schon zentrale Themen beinhalten und berühren, die dann in späteren Arbeiten weiter verfolgt, weiter ausgebaut und vertieft werden. Themen, die Simmel später bekannt gemacht haben – wie Soziologie, Geld, Werttheorie, Kultur, Frauen und Ästhetik –, lassen sich in den Schriften von 1887-1890 quasi im Status nascens auffinden.
Goethes Pandora blieb unvollendet. In dieser leinengebundenen Ausgabe des dramatischen Festspiels finden sich 33 Zeichnungen von Johannes Grützke, der für den Insel Verlag darüber hinaus u. a. Texte von Tankred Dorst und Martin Walser illustriert hat.
Die Goethezeit war keine ruhige Epoche, sondern eine des Umbruchs, der gesellschaftlichen und politischen Neuorientierungen. Das Bild vom Dichterfürsten, für den politisch Lied ein garstig Leid gewesen sei, ist falsch und muß korrigiert werden. Nach Weimar ging Goethe ursprünglich weniger, um literarisch zu arbeiten, als um politisch zu dienen. Hier glaubte er seine humanitären Ideale verwirklichen zu können. Das Ausmaß der amtlichen und politischen Tätigkeit Goethes im Dienst des Herzogs August ist gewaltig. Erst in den letzten Jahren sind die amtlichen Schriften in Studienausgaben veröffentlicht worden, und erst allmählich beginnt man, Goethe als Politiker ernst zu nehmen. Ekkehart Krippendorff zeigt, wie intensiv Goethe sich mit den ökonomischen Belangen befaßt hat: So ist es ihm gelungen, den Kleinstaat deutlich abzurüsten, die Zahl der Soldaten um mehr als die Hälfte zu reduziere. Man kann Goethe den ersten – und einzigen – Abrüstungsminister der Geschichte nennen. Stets war ihm das Anliegen des einzelnen mindestens ebenso wichtig wie die Staatsräson. Mit dem konkreten Alltag der Menschen der Weimarer Region, des Herzogtums, mit Fragen der Bildung und Arbeit, Wohnung und Umwelt setzte er sich auseinander, sie galten ihm mehr als abstrakte Beschlüsse. Auch im literarischen Werk Goethes, so macht Krippendorff deutlich, spielt Politiker eine Rolle. Der Bericht Campagne in Frankreich 1792 ist eine Warnung vor nationalistischer Kriegsbegeisterung, er läßt sich als eine Leidensgeschichte der sinnlosen Opfer dieses und damit jeden Krieges lesen. Goethes Beschäftigung mit dem Orient im West-östlichen Divan kann als Modellversuch für die Überwindung kultureller Grenzen dienen. Und mit Faust ist es die Versuchen von völliger Herrschaft über den Menschen und die Natur, welcher der Held erliegt. Indem er sein großes menschheitliches Schlußprojekt letztlich als Herrschaftsprojekt versteht, scheitert er.
Die vorliegende Auswahl der kleineren soziologischen Abhandlungen Simmels soll zum einen die Bandbreite der von Simmel angesprochenen Themen widerspiegeln und zum anderen seine verschiedenen theoretischen Zugänge – Simmel spricht in diesem Zusammenhang von »Soziologien« – aufzeigen: Die »Allgemeine Soziologie«, die sich mit Fragen der Gesellschaft und besonders mit den prinzipiellen Relationen zwischen den einzelnen und den aus ihnen gebildeten sozialen Aggregaten beschäftigt; die »Reine oder Formale Soziologie«, die die Formen analysiert, mit denen die Individuen, um die Inhalte (Triebe und Zwecke) umzusetzen, in Wechselwirkung mit anderen treten müssen – und dadurch Gesellschaft konstituieren; und schließlich die »Philosophische Soziologie«, die einerseits die Erkenntnistheorie beinhaltet, andererseits durch Hypothese und Spekulation den unvermeidlich fragmentarischen Charakter jeder Empirie zu einem geschlossenen Gesamtbild zu ergänzen versucht.